Ein Mann tut gut daran, Gelassenheit zu entwickeln und zu zeigen (vgl. Gelassenheit (Männerrat #18)). Diese über 2.000 Jahre alte Weisheit der stoischen Philosophie ist heute so wichtig wie ehedem. Denn ein sich seiner selbst bewusster Mann weiß, dass seine innere Stabilität einen wichtigen Gegenpol zu den wechselhaften Stimmungen und Gefühlen der Personen in seinem Umfeld darstellen kann. Aber es gibt viele Bedrohungen für die innere Gelassenheit. Von außen vermittelte Ängste, Panik und Massenhysterie, die immer wieder geschürt werden, Abwertungen, Verunglimpfungen, Zweifel an der Person, die zu Selbstzweifeln werden, und derlei mehr. Diese Irritationen können schon in der frühen Kindheit beginnen, wenn die Eltern dem Kind keine bedingungslose Liebe und Sicherheit vermitteln. Das Kind fühlt sich dann nicht gut aufgehoben oder – im schlimmsten Fall – nicht willkommen auf der Welt im Allgemeinen und in der Familie im Besonderen. Das kann in einer Familie passieren, in der Gewalt, Sucht oder eine starke psychische Störung eines Elternteils herrscht. Auch Armut und soziale Stigmatisierung können eine Rolle spielen.
Frühe Unsicherheit überwinden: Neue Bindungserfahrungen als Heilungsweg
Man kann diese dysfunktionalen Erfahrungen, wenn man ihre Herkunft und Bedeutung verstanden hat, bis zu einem hohen Ausmaß später selbst in seinem Leben korrigieren. Durch überschreibende Erfahrungen von Sicherheit und Geborgenheit. Am besten gelingt dies mit der Hilfe wirklich zugewandter, liebender Freunde oder Partner. Die Zahl der Erwachsenen mit unsicherer Bindung heutzutage ist hoch und wird auf bis zu 40%. Diese hohe Zahl ist eine Folge der westlichen Lebensweise, die viel Entfremdung mit sich bringt und allzu oft eine Zerstörung der Familien produziert.
Gelassenheit für Männer entwickeln: Die Lösung und der Weg liegen in Dir
Die Entwicklung eines Mannes kennt viele Irrwege, Stolpersteine, Rückschläge und Irritationen. In der modernen Welt kommen neben Personen, die es nicht gut mir Dir meinen und sich selbst zu sehr im Sinn haben, Medien und Konsum als manipulative Kräfte hinzu, die Dich immer wieder beirren können. Dennoch solltest Du nie aufgeben, Deinen Weg zu suchen, zu finden und zu gehen. Freunde, die es wirklich gut mit Dir meinen, können Dich wichtige Schritte oder sogar Etappen begleiten. Aber den Weg musst Du selbst gehen. Lass dich nicht von Täuschungen beirren. Alkohol, Drogen, Mediensucht, Pornographie sind solche Täuschungen! Aber auch Fehler bei der Partnerwahl und falsche Freunde können Deinen Weg behindern oder Dich dauerhaft von Deinem Weg abbringen.
Gelassenheit für Männer entwickeln: Ich kann statt ich muss, ich muss, ich muss
Du hast die Freiheit, Deinen Weg zu gehen und damit Dein einzigartiges Leben zu leben. Wenn Du es als Geschenk und nicht als Belastung ansiehst, kann es Dir auch gelingen. Die Suche nach Deinem Weg und damit Deinem Sinn im Leben, ist die größte Aufgabe und die wichtigste Rolle in Deinem Leben. In östlichen Denktraditionen wird der spezielle, unausgesprochene aber erschließbare Auftrag für einen Menschen, den er im Leben erfüllen soll, als Karma bezeichnet.
Keiner soll Dich auf einen Weg zwingen. Auch kein Guru oder falscher Prophet. Denn kein Mensch kann mit absoluter Genauigkeit wissen, was für Dich richtig ist. Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, was der richtige Weg für Dich sein kann. Sicher sind allgemeinverbindliche Tatsachen und Regeln zu beachten, also ein moralischer Basis-Codex. Aber die Differenzierungen, die Dich und Dein Leben ausmachen, kannst nur Du finden und lösen. Du bist das, was Du aus Dir machst! Als Mann hast Du den Auftrag, mit den Besonderheiten Deines Geschlechts umzugehen, sie zu entwickeln und zu Deinem Besten einzusetzen. Dann kannst Du auch für andere Menschen eine echte Bereicherung sein. Im Vordergrund aber steht die Autonomie in Deinem Leben. Dein Freiheitsstreben solltest Du Dir niemals nehmen lassen.
Gehe niemals eine Partnerschaft ein, weil Du Angst vor dem Alleinsein hast. Das macht Dich schwach und manipulierbar. Wenn Du Dir selbst genug bist, das Wertvollste bist, was es für Dich gibt, ohne Egozentriker oder Narzisst zu sein, dann bist Du auf dem richtigen Weg. Ob Du andere in Deinem Leben an dem besonderen Schatz Deines Selbst teilhaben lässt, ist Deine Entscheidung. Eine Frau als Partnerin kann Dein Leben bereichern. Du kannst ihr Deinen Schutz geben, sich mit ihr auf besondere Weise vereinigen, aber sie sollte Dich niemals mit Dominanz und Beherrschung unterwerfen können. Dann bist Du auf dem falschen Weg. Du kannst ein guter Partner sein, wenn Du mit Dir im Reinen bist und Deinen Weg kennst. Partnerschaft ist auch ein Geben und Nehmen, ist Fairness und Hingabe, aber sie darf niemals zur Abhängigkeit oder Sklaverei (vgl. Toxische Beziehung: In einer toxischen Beziehung gefangen? (Männerrat #16)) werden. Viele Männer klagen heutzutage über solche Beziehungsmuster, in denen sie sich befinden.
Das Männliche und das Weibliche in Dir – was Du wissen solltest
Du hast männliche und weibliche Anteile in Dir. Und das ist auch gut so. Sie sollten in einer guten Balance miteinander stehen. Wenn Du ein psychisch starker Mann bist, werden die männlichen Anteile überwiegen, aber nicht ohne dass es wichtige und starke weibliche Anteile in Dir gibt. In der Analytischen Psychologie nach C.G. Jung werden die Anteile der beiden Geschlechter Animus- und Anima-Anteile genannt. Die Animus-Anteile sind die des Mannes, die Anima-Anteile die der Frau. Und dies schon seit Jahrtausenden. Deshalb werden sie auch Archetypen genannt.
Die wichtigsten männlichen Archetypen sind:
- Der Held: Strebt nach Erfolg, Anerkennung und Bewältigung von Herausforderungen. Er ist mutig, entschlossen und setzt sich für seine Ziele ein.
- Der Krieger: Kämpft für seine Überzeugungen und Ideale. Er ist loyal, diszipliniert und verteidigt, was ihm wichtig ist. Er hat Ausdauer und Kraft.
- Der König: Verkörpert Autorität, Verantwortung und Weisheit. Er trifft Entscheidungen und sorgt für Ordnung und Stabilität.
Der Liebhaber: Sehnt sich nach Liebe, Leidenschaft und Verbindung. Er ist sinnlich, romantisch und drückt seine Gefühle aus. Gibt und empfängt Liebe und Nähe. - Der Magier: Verfügt über Wissen, Intuition und die Fähigkeit, Veränderungen herbeizuführen. Er ist kreativ, visionär und listenreich.
- Der Weise oder der Gelehrte: Sucht nach Wahrheit, Erkenntnis und Weisheit. Er ist neugierig, intelligent und reflektiert. Er blickt hinter die Kulissen und erkennt tiefere Strukturen
- Der Vater: Beschützt, versorgt und sorgt für seine Familie. Er ist verantwortungsbewusst, fürsorglich und gibt Orientierung und Halt.
- Der Schelm oder der Narr: Bringt Freude, Leichtigkeit und Humor ins Leben. Er ist spontan, verspielt und unkonventionell. Er nimmt die Dinge leicht und lässt sich nicht von Sorgen beirren.
Demgegenüber sind die wichtigsten weiblichen Archetypen:
- Die Mutter: Verkörpert mütterliche Liebe, Fürsorge und Empathie. Sie ist nährend, beschützend und intuitiv.
- Die Jungfrau: Steht für Reinheit, Unschuld und Potenzial. Sie ist neugierig, optimistisch und voller Lebensfreude.
- Die Amazone oder die Kämpferin: Ist unabhängig, selbstbewusst und kämpferisch. Sie ist stark, mutig und setzt sich für ihre Rechte ein und kann sich gut durchsetzen.
- Die Hetäre oder die Liebevolle: Verkörpert Sinnlichkeit, Erotik, Leidenschaft und Genuss. Sie ist verführerisch, lebensfroh und genießt das Leben.
- Die Weise Frau: Verfügt über Weisheit, Intuition und spirituelles Wissen. Sie ist Ratgeberin, Heilerin und spirituelle Führerin.
- Die Königin: Verkörpert Autorität, Würde und Weisheit. Sie trifft Entscheidungen und sorgt für Ordnung und Gerechtigkeit.
- Die Künstlerin: Ist kreativ, intuitiv und ausdrucksstark. Sie drückt ihre Gefühle und Gedanken durch Kunst aus. Sie liebt Musik, Literatur, Tanz und Kunst.
- Die Zauberin: Verfügt über magische Fähigkeiten und die Fähigkeit, Veränderungen herbeizuführen. Sie ist mysteriös, kraftvoll und suggestiv.
Die Archetypen sind im Idealfall in einer fein abgestimmten Balance. Diese kann sich über die Lebensspanne immer wieder verändern. Ein erwachsener, reifer Mann hat deutlich mehr männliche archetypische Anteile als weibliche. Aber er sollte auch auf seine Anima-Anteile achten und diese entwickeln und wertschätzen.
Wichtige Anima-Anteile im Mann sind:
Emotionale Tiefe:
Die Anima ermöglicht es Männern, ein breiteres Spektrum an Emotionen zu erleben und auszudrücken. Sie kann sich in Mitgefühl, Zärtlichkeit, Trauer oder Freude zeigen.
Intuition und Kreativität:
Die Anima ist oft mit Intuition, Phantasie und Kreativität verbunden. Sie kann Männern helfen, neue Ideen zu entwickeln, Probleme auf unkonventionelle Weise zu lösen oder künstlerische Talente zu entfalten.
Beziehungsfähigkeit:
Die Anima beeinflusst die Fähigkeit eines Mannes, tiefe und bedeutsame Beziehungen einzugehen. Sie kann ihm helfen, sich besser in andere hineinzuversetzen, seine Empathie und sein Mitgefühl fördern, die Bedürfnisse anderer besser zu verstehen und liebevolle Verbindungen aufzubauen.
Selbstreflexion:
Die Anima kann Männern helfen, sich selbst besser zu verstehen, ihre eigenen Gefühle und Motivationen zu erkennen und sich mit ihrer inneren Welt auseinanderzusetzen.
Die Anima entwickelt sich im Laufe des Lebens eines Mannes. In der Kindheit wird sie oft durch die Beziehung zur Mutter oder anderen wichtigen Frauenfiguren (Großmutter, Tante) geprägt. Im Erwachsenenalter kann die Auseinandersetzung mit der Anima durch Partnerschaftserfahrungen, Freundschaftsbeziehungen und Selbstreflexion erfolgen.
Wie sich die Anima im Lauf des Lebens eines Mannes entwickelt
Die Anima-Anteile sind nicht einfach "die Frau im Mann". Sie sind Teil der eigenen Persönlichkeit des Mannes, die ihm hilft, sich zu vervollständigen und ein ganzheitliches Selbst zu entwickeln. Sie sind nicht abgespalten von seinen Animus-Anteilen, sondern tief in diese integriert. Dennoch werden bei einer männlichen ausgereiften Persönlichkeit die Animus-Anteile überwiegen. Ein Mann sollte seine Anima-Anteile jedoch nicht vernachlässigen. Problematisch ist jedoch, dass in der heutigen westlichen Welt des 21. Jahrhunderts bei Männern die Animus-Anteile oft zu wenig entwickelt und ausgereift, während die Anima-Anteile übermäßig stark betont sind. In den arabischen, islamisch geprägten Ländern ist dies umgekehrt. Die Männer in der westlichen Welt sollten ein neues, gesundes Selbstbewusstsein und Selbstverständnis entwickeln.
Sorge Dich nicht, entwickle Deine innere Stärke und Autonomie!
Jeder Mann kann sich lebenslang auch als Mann weiterentwickeln. Dies geschieht oft in Lebenskrisen (Trennung, Scheidung, berufliche Veränderung, Tod des Partners), kann aber auch ein ständiges Bemühen im Alltag sein. Es braucht nicht die typische Midlife-Krise, um sich zu verändern, diese kann aber ein entscheidendes Ereignis darstellen. Gerade in der Mitte des Lebens zwischen 45 und 55 werden durch vielfältige äußere Veränderungen (Kinder ziehen aus, Partner trennt sich, berufliche Veränderung) die inneren Konzepte erschüttert. Für einen Mann ist diese Zeit auch eine Chance, sich neu zu kalibrieren, sich in vielen Aspekten neu zu „erfinden“. Dies muss keine vollständige innere „Revolution“ darstellen, oft langen schon die Veränderung einiger zentraler Einstellungen und Verhaltensweisen.
Resilienz und Gelassenheit: Schlüsselkompetenzen für jede Lebensphase
Jede Lebensphase hat typische jungen- oder männerspezifische Herausforderungen. Auch das Changieren mit Geschlechtsrollen, besonders in der Pubertät und frühen Jugend, gehört dazu. Was im Lebensverlauf besonders wichtig ist, stellt die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Stressresistenz (Resilienz) und Gelassenheit (siehe Gelassenheit (Männerrat #18)) dar. Es ist für Männer besonders wichtig, mit den Ereignissen und Erschwernissen des Lebens resilient umzugehen. Dies zeigt sich vor allem im Umgang mit Sorgen (Kummer bei Männern – Ursachen, Formen, Bewältigung (Männerrat #10)) und Ängsten (Männer und Angst – Ursachen und Hilfen (Männerrat #30)). Beide Problembereiche können vollkommen lähmen und die psychische Gesundheit nachhaltig beschädigen. Wichtig ist es, sich proaktiv mit Sorgen und Ängsten auseinanderzusetzen. Dies kann auf vielfältige Art und Weise geschehen: Den intensiven Austausch mit Freunden pflegen, Sport treiben, mit einem Haustier spielen, sich ablenken, meditieren oder entspannen, sich professionell im Rahmen einer Psychotherapie helfen lassen uvm.
Besonders hilfreich ist es, an der Entwicklung inneren Gleichmuts zu arbeiten (vgl. Lob dem Gleichmut! (Männerrat #29)). Der Mann sollte alles tun, um die Kontrolle über seine problematischen Emotionen zu bekommen bzw. zu bewahren. Auch hier hilft die stoische Philosophie als lebenspraktische und kognitiv-psychologische Herangehensweise, um immer wieder seine innere Ruhe zu finden. In sich selbst zu ruhen, mit sich selbst in wohlwollender Weise auszukommen und sich selbst genug zu sein, sind die wichtigsten Basiskompetenzen für ein balanciertes Leben und dauerhaftes Wohlbefinden. Selbstgenügsamkeit ist die Voraussetzung für gelingende Partnerbeziehungen im Leben.
Fazit:
Das Leben gelingt einem Mann am besten in Gelassenheit und Achtsamkeit mit sich selbst mit einer klaren Identität als Mann und in guter Balance der Animus- und Anima-Anteile.
Anhang zur Vertiefung:
(1) Was ist Gelassenheit? (in Kürze)
Gelassenheit ist die Fähigkeit, das zu ertragen, was nicht verändert oder vermieden werden kann, und das zu erledigen, was getan werden muss, ohne dabei den inneren Frieden zu verlieren (sinngemäß nach Epiktet).Zusammenfassend kann man im Vergleich sagen, dass Gelassenheit mehr auf die emotionale Reaktion und innere Ruhe abzielt, während Besonnenheit sich stärker auf die äußere Handlungsweise und die Fähigkeit zur klugen Entscheidungsfindung bezieht. Beide Eigenschaften gehen jedoch Hand in Hand und sind nützlich für emotionale Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und sozialen Frieden mit anderen. Gelassenheit und Besonnenheit sind gerade heutzutage wichtig, wo Emotionen – wie Empörung, Hass und Hetze – an vielen Stellen geschürt und verstärkt werden. Sie sollten durch tägliche Selbstreflektion und Praxis eingeübt und vertieft werden.
(2) Was ist Stoizismus? (in Kürze)
Bei der heutigen Beschäftigung mit dem Thema Gelassenheit stößt man auf lebendige, jahrtausendealte Traditionen: Am bekanntesten ist die altgriechische und später römische Tradition der Stoa. Als Begründer gilt Zenon von Kition (333/332 v. Chr. Bis 262/261 v. Chr.), der im Jahre 301 v. Chr. die auf Tugendhaftigkeit und Vernunft basierende stoische Lehre in Athen begründete. Der Stoizismus stellt eine umfassende lebenspraktische Philosophie dar, die durch tägliche Übung zu Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden im Alltag führt. Bei der Gelassenheit geht es darum, emotionale Negativexzesse, die nicht hilfreich sind, in Bezug auf Personen oder Situationen zu vermeiden. Das Ziel ist nicht emotionale Abstumpfung oder die Verneinung des Emotionalen. Gerade für Personen, die zur Impulsivität neigen, kann Gelassenheit ein wichtiges Ziel zur Selbstregulation sein.
Zentrale Inhalte der Lehre sind, dass es Ziel des Menschen sein müsse,
(1) tugendhaft zu leben und nicht Spielball seiner Begierden zu sein. Zenons Kathekon-Lehre (griech. das Zukommende, Angemessene) bezeichnet in der stoischen Ethik allgemein die sittlich gebotenen bzw. relevanten Handlungen.
(2) Den Lebensereignissen – insbesondere den negativen und kritischen - müsse man mit einer innerlich ruhigen, souverän-gelassenen Haltung begegnen. Diese besonnen-gelassene Haltung entsteht durch das Befolgen der zentralen Tugenden im Alltag. Die Realisierung von Gelassenheit im Alltag wurde später als stoische Haltung schlechthin bekannt.
(3) Das wichtigste Ideal der Philosophie von Zenon ist die Apatheia. Darunter wird die die Abwesenheit störender, den Einzelnen dauerhaft belastenden Affekten verstanden. Der Mensch soll sich nicht von seinen Stimmungen regieren lassen. Apatheia bedeutet wörtlich „Abwesenheit bzw. Freiheit von Leiden“. Dies ist nach Zenon am besten zu erreichen durch inneren Abstand zu Gefühlen wie Trauer, Wut und Zorn einerseits sowie Lust und Begierde andererseits. Es ist wichtig, seine Gefühle wahrzunehmen, sich aber nie von ihnen beherrschen zu lassen.
(4) Durch Kontrolle seiner überschießenden und letztlich unangemessenen Affekte erwirbt der Stoiker aber nicht nur ausreichende Apatheia gegenüber Schicksalsschlägen und negativen Stimmungen, sondern auch die nötige Weisheit, um die Ereignisse auf der Welt und im eigenen Leben beurteilen und einordnen zu können. Es ist nicht Gleichgültigkeit, dass er sich von vielen, unkontrollierbaren Dingen und Ereignissen nicht aus der inneren Ruhe, bringen lässt, sondern ein Ergebnis tieferer Weisheit und damit ein Zeichen von Realitätssinn und Gelassenheit.
Gelingende Weisheit schafft eine andere, tiefere Sicht auf die Dinge und erlaubt eine Beruhigung überschießender Emotionen. Der Mensch ist dadurch nach stoischer Ansicht ein zur Vernunft fähiges Wesen, dem es prinzipiell möglich sei, herrschaftsfrei und somit vollkommen selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu leben.