Im Leben von Männern hat die Freundschaft mit anderen Männern einen ganz besonderen Stellenwert. Die erste Freundschaft im Leben eines Mannes entsteht meist zu einem anderen Jungen im Kindergarten oder in der Grundschule. Diesen frühen Freundschaften wohnt ein besonderer Reiz inne. Man hat sich geschworen, dass man ewig Freunde bleibt. Mit einem anderen fühlte man sich so stark wie nie zuvor. Oder es hat einfach das Alleinsein, die Isolation und die Einsamkeit außerhalb der gewohnten Familie beendet. Diese Funktionen erfüllen Freundschaften ein Leben lang. Deshalb sollten wir sie mit Sorgfalt und Achtsamkeit pflegen.
Was macht Männerfreundschaften so wichtig?
Es gibt viele Gründe, die Freundschaft zu anderen Männern zu pflegen. In der Kindheit beginnend, ist es ein hervorragender Weg, die eigene Identität zu entwickeln, Solidarität, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl zu lernen. Andere Jungen können einem Jungen in einzigartiger Weise bei der Entwicklung von Identität und Orientierung helfen. Und damit auch auf das Leben insgesamt vorbereiten. Freundschaften erfüllen die menschlichen Grundbedürfnisse nach Zugehörigkeit und Selbstwertsteigerung in einzigartiger, nicht ersetzbarer Weise.
Auch auf das spätere Leben in eigener Partnerschaft und Familie bereiten Freundschaften vor. Tiefgehende Erlebnisse mit anderen Jungen zu haben, bedeutet auch, seine Grenzen kennenzulernen und sich selbst weiterzuentwickeln – psychisch und physisch. Es ist also ein wichtiges Stück Selbsterfahrung, mit anderen Jungen, z.B. in einer Sportmannschaft, Kooperation und Wettbewerb zu lernen. Da viele Jungen heute ohne Geschwister (an der Stelle besonders ohne Brüder) aufwachsen, fehlen ihnen oft Erfahrungen mit Unterstützung, Hilfe und Mitgefühl, aber auch mit Wettbewerb und gesunder Auseinandersetzung. Jungen brauchen auch die Möglichkeit, sich im Spiel mit anderen zu messen, um einen Platz in der Gruppe zu finden. Dies schafft soziale Teilhabe und die Fähigkeit zur Integration. Für Männer sind die Erfahrungen mit anderen Jungen in Kindergarten und Schule eine wichtige Voraussetzung für spätere Teamarbeit, natürlich dann mit Männern und Frauen.
Männerfreundschaften: Lieber mit dem besten Freund als mit der Partnerin reden?
Laut einer englischen Studie an der Universität Winchester aus dem Jahr 2017 bevorzugten 28 von 30 befragten Männern bei persönlichen Problemen das Gespräch mit ihrem besten Freund gegenüber dem Gespräch mit der Partnerin. Einer der Co-Autoren der Studie, Adam White, sieht den Hauptunterschied zwischen einer Liebesbeziehung und einer innigen Freundschaft bei jungen Männern darin, dass sie von einem engen Freund weniger negative Bewertung fürchten sowie offenere Diskussionen und einen direkteren Ausdruck ihrer Gefühle erwarten.
Die Männer hatten das Gefühl, dass sie ihre tiefsten, dunkelsten und auch sensibelsten Geheimnisse eher mit ihrem besten Freund teilen könnten als mit ihrer Partnerin. Viele gaben an, dass sie sich von der Partnerin eher zensiert und beurteilt fühlten, wenn sie sich öffneten. Auch sagten sie oft, dass sie bei der Partnerin stark und männlich erscheinen müssten, was die emotionale Öffnung erschwere. Die Autoren brechen eine Lanze für enge Männerfreundschaften. Diese werden im Englischen als bromantische („bromantic“) im Unterschied zu romantische („romantic“) Beziehung bezeichnet. Uns im Deutschen fehlt bislang eine solche Vokabel. Bromantic setzt sich zusammen aus den Begriffen „brother“ und „romantic“. Eine bromantische Beziehung charakterisiert insofern eine nicht sexuelle, aber enge, intime Beziehung zwischen Männern, die auf Freundschaft und Vertrauen gründet.
Gemeinsamkeiten sind wichtiger als Befindlichkeiten
Bei Männerfreundschaften steht nicht das Reden über die jeweils eigenen Befindlichkeiten im Vordergrund, wie dies zwischen Frauen häufig der Fall ist. Männer definieren sich vielmehr über gemeinsame Interessen und Hobbys, spüren aber, dass sie mit ihrem besten Freund auch jederzeit über tieferliegende Probleme reden könnten. Der oft kolportierte Effekt, Männer würden untereinander immer nur über Fußball und Autos reden, ist also falsch. Die Gespräche über diese gemeinsamen Hobbys ist das Warming-Up für persönliche Themen, wenn dazu Bedarf besteht und die Freundschaft innig und intim genug ist.
Männerfreundschaften sind wichtig: In der Mitte des Lebens nicht vereinsamen!
Männer in der Lebensmitte, zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr, neigen dazu, Freunde aus den Augen zu verlieren. In dieser Zeit machen viele Karriere, finden eine dauerhafte Partnerschaft und werden Väter. Dabei wollen sie nicht nur als Versorger, sondern als aktive Väter für ihre Kinder da sein. Das kann überfordern. Zwischen all diesen Anforderungen bleibt kaum mehr Zeit für sich selbst, die eigenen Bedürfnisse und die Männerfreundschaften. Zumindest ist dies im klassischen Lebensmodell so, das für die Mehrzahl der Männer heutzutage immer noch die Lebensrealität darstellt.
In vielen Partnerschaften übernimmt die Frau wie selbstverständlich die Beziehungspflege zu Verwandten, Freunden und Nachbarn. Hier rächt sich auch, dass Männer, wenn Kinder da sind, mit knapp 10% viel seltener in Teilzeit gehen. Wenn es dann zu einer Scheidung kommt, erleben sich Männer oft als völlig isoliert und einsam. In Großbritannien haben letztens 2.5 Millionen der fast 30.5 Millionen erwachsenen Männer berichtet, dass sie über keinen Freund verfügen, dem sie sich außerhalb der Familie anvertrauen können. Dies sind 8.2.%. Die einsamen alten Männer sind eine Problemgruppe, die in allen westlichen Staaten mehr und mehr zunimmt.
Nicht ohne Freund durchs Leben gehen
Im Erwachsenenalter sind Männerfreundschaften genauso wichtig wie in Kindheit und Jugend. Dies unterschätzen viele Männer. Allzu oft vernachlässigen sie diese Freundschaftsbeziehungen, sobald sie in einer Partnerbeziehung leben. Der Partnerin werden die sozialen Aufgaben der Beziehungspflege delegiert, damit der Mann sich noch mehr um Karriere und Erwerbsarbeit kümmern kann. Es ist jedoch von hoher Bedeutung, diese Freundschaften zu erhalten und zu pflegen, nach Möglichkeit über viele Jahre. Denn sie sind wichtig für das Selbstwertgefühl, aber auch um sich in Krisen- und Problemsituationen – gerade in Bezug auf Partnerschaft – auszutauschen. Wenn es keine aktuellen Männerfreundschaften gibt, solltest Du eine neue suchen. In Deiner Beziehung wäre es vielleicht sinnvoll, die Verteilung von Erwerbsarbeit, sozialen Beziehung und Kindererziehung neu zu organisieren.
Warum solltest Du Männerfreundschaften pflegen? Und wie viele?
Fünf Tipps rund um Männerfreundschaften:
Tipp 1:
Pflege Deine Freundschaften so intensiv wie möglich! Klasse vor Masse! Ein oder zwei Freunde langen vollkommen. Nutze häufige oder wenigstens gelegentliche Treffen, aber auch elektronische Medien zur Freundschaftspflege. Dein Freund freut sich über jede Kontaktaufnahme und jedes Lebenszeichen. Das stärkt und vertieft die Bande.
Tipp 2:
Wenn Du keinen wirklichen Freund verfügst, weil Ihr Euch entfremdet oder entfernt habt oder Du nie einen solchen hatten, trau Dich, neu auf Männer zuzugehen, die Dir sympathisch sind! In Männergruppen (online suchen!) hast Du eine gute Chance, einen Freund für eine intensive Freundschaft zu finden. Wenn Du Dich einsam fühlst, isoliert bist oder vielleicht noch nie einen wirklich guten Freund hattest, gib nicht auf! Es gibt Gleichgesinnte! Am besten findest Du diese in Selbsterfahrungs- und Therapiegruppen für Männer.
Tipp 3:
In einer Freundschaftsbeziehung besteht idealerweise ein Geben und Nehmen. Berichte Du von Deinem Leben und von Dir, aber höre Du auch Deinem Freund zu und stelle ihm interessierte Fragen. Ihr werdet oft über Alltagsthemen, wie Fußball, Autos usw., reden. Das ist auch völlig okay. Aber nutze die Freundschaft zu einem Mann auch dazu, über Deine Sorgen und Probleme zu sprechen, wenn diese Dich belasten. Und sei Deinem Freund auch ein Zuhörer und Ratgeber für seine Anliegen.
Tipp 4:
Gerade nach einer Trennung oder Scheidung brauchen Männer die Unterstützung durch andere Männer. Mehr als die Hälfte aller Trennungen gehen initial von der Partnerin aus. Männer sind oft auf dieses Ereignis nicht vorbereitet, so dass es sie in eine tiefe psychische Krise stürzen kann. Damit sie in einer solchen Situation nicht vereinsamen und verzweifeln, ist eine enge Freundschaftsbeziehung wichtig. Wenn Du betroffen bist, rede mit Deinem besten Freund über Dich und Deine Situation. Wenn dies nicht möglich ist, suche Dir Rat und Hilfe bei einer Hot-Line (Telefonseelsorge unter 0800-1110111 oder 0800-1110222) oder bei einem Psychotherapeuten Deines Vertrauens.
Tipp 5:
Pflege Deine Männerfreundschaften mit Sorgfalt und Hingabe! Sie zählen – neben der Familie - zu den wertvollsten Dingen, die es im Leben gibt. Du solltest Sie bei aller Freude auch nicht in Alkohol ertränken. Weniger ist da mehr! Wenn es in Deinem Leben Krisen und Ereignisse gab, durch die Du Freunde verloren hast, versuche Dich Ihnen wieder anzunähern! Dafür musst Du den ersten Schritt machen. Habe keine Scheu dafür! Du kannst nur gewinnen. Im schlimmsten Fall bleibt alles, wie es ist. Aber wenn alles wieder besser wird, wird es Dich glücklich machen.
Danke für die Tipps. Gut strukturiert und klar. So muss das.