UA-176845053-2 Nicht die Nr. 1 für die Partnerin sein! Hintergründe und Lösungen

September 12

0 comments

Nicht die Nr. 1 für die Partnerin sein! – Hintergründe, Kränkung, Lösungen (Männerrat #25)

In einer Vielzahl von Partnerbeziehungen, deren genaue Zahl aber nicht näher bekannt ist, ist der jeweilige Partner nicht die Nummer 1 für den anderen. Dies hat meistens emotionale oder soziale Gründe und kann für den rangniedrigeren Partner schwerwiegende Folgen mit sich bringen. Er fühlt sich zurückgewiesen, nicht wertvoll oder empfindet starke Einsamkeit in der Beziehung. 

Zunächst geht es darum festzustellen, was für den anderen Partner die höchste Priorität hat. Diese Frage kann sich auf das Leben insgesamt wie auch auf die Beziehung im Speziellen beziehen. Es ist durchaus denkbar, dass etwa Beruf oder Familie im Leben des Partners die Nummer 1 darstellen. Dies scheint durchaus auch akzeptabel, weil es die Vielfältigkeit von Lebensinhalten und -zielen wiederspiegelt. Gerade Männer – und immer öfter auch Frauen - haben oft eine Mission im Leben, die ihnen Sinn und Ziele gibt. Es geht ihnen darum, im Beruf oder in der Gesellschaft etwas Bleibendes, Einzigartiges zu schaffen und zu hinterlassen. Darum geht es hier nicht. Im Folgenden wird ausschließlich das Thema behandelt, wenn in der Beziehung der Partner nicht die erste Priorität für den anderen Partner besitzt. Welche Konstellationen sind hierbei denkbar?

Mangelnde Priorität zu haben, kann sehr verletzend sein

Wenn die mangelnde Priorität in der Partnerschaft an emotionaler Zurücksetzung oder Liebesmangel liegt, ist dies potentiell sehr verletzend. Botschaften, wie „Du bist mir unwichtig oder weniger wichtig als …“ oder „Deine Meinung zählt nicht (so viel) wie meine oder die von …“, sind Beispiele dafür. Wenn ein Partner immer wieder erlebt, dass er unwichtig ist, herabgesetzt oder entwertet wird, ist dies die Basis für Gefühle wie Ärger, Groll und am Ende auch Verbitterung. Für die meisten Menschen bedeutet die Erkenntnis, nicht die Nr. 1 für ihren Partner zu sein, eine tiefe Zurückweisung und Kränkung. Vor allem, wenn diese Rolle als Nr. 2 nicht an beruflichem Engagement, sondern einem reinen Defizit an Gefühlen liegt, ist dies besonders verletzend. 

Im folgenden Beitrag wird das Thema aus der Perspektive von Männern betrachtet, die für ihre Partnerin nicht Nr. 1 sind. Viele Männer nehmen die Rangabsenkung, nicht Nr. 1 zu sein, widerspruchslos hin. Sie zeigen sogar im Alltag oft noch ein unterwürfiges Verhalten, weil sie weiteren Liebesentzug oder negativen Stress befürchten (vgl. Bin ich ein „People Pleaser“? – Symptome und Lösungen). Dass sie nicht die Nr. 1 für ihre Partnerin sind, ist für sie unabänderliches Schicksal oder gar die Bestrafung für ihr vermeintlich toxisches Mannsein.

Oft ist die Partnerin auch im Alltag sehr dominant und lässt die Meinung ihres Partners nicht gelten (vgl. Dominante Partnerin: Meine Partnerin will alles bestimmen!). Das Verhalten der Partnerin wird dann gar nicht mehr kritisch hinterfragt. Es gibt ein chronisches Leiden an der Beziehungsrealität, verbunden mit dem Gefühl alltäglicher Ohnmacht (vgl. Ohnmachtsgefühle). Die betroffenen Männer trauen sich dann oft jahrelang nicht, an ihrer Situation etwas zu ändern. Dabei ist ihre Beziehung im Sinne einer lebenswerten, die psychische Gesundheit fördernden Verbindung wenig förderlich. Sie sollte kritisch reflektiert werden.

Nicht die Nr. 1 für die Partnerin sein - Gründe für mangelnde Priorisierung in der Partnerbeziehung

Partnerbeziehungen werden seit dem Beginn der industriellen Revolution (in Deutschland ab ca. 1850) immer vielfältiger, aber auch immer fragiler. Partner und Familie stehen für den anderen nicht automatisch an erster Stelle. Das physische Überleben der Menschen wurde im Sinne einer Daseinsfürsorge immer mehr durch ein Gemeinwesen (Staat) abgesichert. Dies schafft Gelegenheit für neue Formen und Spielarten von Partnerbeziehungen. Es gibt aber auch viele intrapsychische Gründe für die Entwicklung zu fragileren Partnerbeziehungen. Darum geht es im Folgenden: 

(1) Mangel an Fähigkeit für Intimität und Bindung

Der Partner ist gar nicht in der Lage, sich tief auf einen anderen einzulassen. Er hat dies selbst von seinen Eltern nie erfahren, hat es nicht kompensiert und kann deshalb Intimität und selbstlose Liebe nicht weitergeben. Liebe, Intimität und Empathie sind für ihn wie ein unbekanntes Neuland. Besonders häufig trifft dieses Muster im Kontext einer narzisstischen Persönlichkeit auf. Es handelt sich um ein generelles Defizit an Liebesfähigkeit. Stattdessen herrschen Manipulation und oft auch hysterische Inszenierungen vor, mit denen emotionaler Stress erzeugt oder vordergründige Liebesemotionen vorgetäuscht werden sollen.

Für den einzelnen Betroffenen ist es sicher nur ein schwacher Trost, dass das Liebesdefizit nicht ihm speziell gilt, sondern dass alle potentiellen Partner betroffen wären. Dieses Verhaltensmuster ist seit Jahrzehnten immer häufiger anzutreffen. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich meist um unausgewogene Ausbeuterbeziehungen, in denen der Partner durch Manipulation und emotionalen Stress, aber nicht durch tiefere Liebe und Hingabe gebunden wird. Bis zu 40% der jungen Erwachsenen berichten über eine unsichere Bindung in ihrer Kindheit. Bei ihnen taucht das beschriebene Liebesfähigkeitsdefizit besonders häufig auf.

(2) Parentifizierung und Überbehütung

Viele Partner, die sich nicht übermäßig emotional an ihren Partner binden, haben andere Bindungen, die ihnen wichtiger sind. Sie sind im Unterschied zur ersten Gruppe (1) grundsätzlich bindungsfähig, beziehen sich mit ihrer emotionalen Energie aber auch eine andere Person. Dies Energie kann sich auf die eigenen Eltern beziehen (Parentifizierung) oder die Kinder, die innerlich an erster Stelle stehen (Symbiose). Beide Muster finden sich bei Frauen häufiger als bei Männern, so dass an dieser Stelle Männer als Partner häufiger von einer niedrigeren Priorisierung als umgekehrt betroffen sind.

Männer erleben oft nach der Geburt des ersten Kindes, dass die Emotionalität ihrer Partnerin ganz und gar in Richtung des Kindes geht. Noch schwerwiegender wird das Problem jedoch, wenn sich diese emotionale Priorisierung des Kindes späterhin nicht relativiert. Insbesondere wenn ein Kind, das schon erwachsen ist, immer noch übermäßig behütet („gepampert“) wird, stellt dieses Verhalten eine dysfunktionale Überbehütung das und kann zu schwerwiegenden Beziehungsproblemen führen. Symptomatisch für dieses „Big-Mama“-Syndrom ist eine unrealistische Sicht auf das erwachsene Kind, dem jegliche Verantwortung für Probleme und Fehler automatisch abgesprochen wird und es andererseits oft unbegrenzte emotionale und finanzielle Unterstützung erhält. Der Umgang mit diesem Kind erinnert oft an den Tanz um das goldene Kalb. Besonders in Stief- und Patchworkfamilien engagiert sich die leibliche Mutter oft unbewusst übermäßig für ihre Kinder im Sinne des „Big-Mama“-Syndroms und drängt damit den Stiefvater in eine sekundäre Position.

Die Generationengrenzen sind dadurch vermischt und werden diffus. Es ist so, als ob der Partner sich mehr für sein erwachsenes Kind, das oft in der Kindheit verhaltensauffällig war, engagiert als für den eigenen Partner. Das erwachsene Kind ist mental in den Augen des überbehütenden Partners immer noch übermäßig bedürftig und muss beschützt werden. Im Hintergrund herrscht starke Angst, dass das erwachsene Kind nicht mit dem Leben zurechtkommt. Es besteht bei Parentifizierung und Überbehütung eine Konfusion der Generationenebene, durch die das Kind zum Partnerersatz und der Partner zur Staffage wird. Die parentifizierenden und überbehütenden Partner sind mit ihren Angehörigen (Kinder, Eltern) übermäßig verstrickt und können sich nicht ausreichend abgrenzen. 

(3) Emotionale Gründe

Häufig sind die Gründe für eine mangelnde Priorisierung des Partners emotionaler Natur. Neben den schon erwähnten Gründen hinsichtlich Bindungsunfähigkeit (1) und Generationenkonfusion (2) können auch ganz allgemein emotionale Gründe, insbesondere Blockaden, vorliegen, sich nicht ausreichend oder gar nicht auf den Partner einlassen zu können. Dazu zählen vor allem nach wie vor ungeklärte Gefühle für eine andere Person, sei es eine frühere Liebesbeziehung, die noch nicht verklungen ist, oder eine aktuelle Schwärmerei.

  1. Unzufriedenheit: Allgemeine Unzufriedenheit in der Beziehung, sei es durch Kommunikationsprobleme oder unterschiedliche Lebensziele. 

  2. Emotionale Distanz: Schwierigkeiten, sich emotional auf den Partner einzulassen oder zu binden. Kann auch vor dem Hintergrund eigener psychischer Probleme gegeben sein.

  3. Ungeklärte Gefühle: Gefühle für eine andere Person, sei es eine frühere Liebe oder eine aktuelle Schwärmerei, die tiefere Gefühle und Hingabe für den aktuellen Partner verhindern. Eine Fremdbeziehung (real oder idealisiert) verhindert die Entwicklung tiefer Gefühle für den Partner.

(4) Persönliche Gründe

Bei vorliegenden persönlichen Gründen liegen diese in der Biographie und Persönlichkeit des Partners. Der mitbetroffene Partner hat sie nicht verursacht, ist aber unmittelbar betroffen. Im Sinne seines eigenen Selbstwerts sollte er auf eine Lösung bzw. Überwindung der vorhandenen Probleme hinwirken. 

  1. Angst vor Nähe: Diese kann lebensgeschichtlich durch Missbrauchs- und Vernachlässigungserfahren begründet sein. Diese Erfahrungen haben in der Kindheit oder Jugend stattgefunden. Außerdem können negative Erfahrungen in früheren Partnerbeziehungen eine Rolle spielen. Der hochängstliche Partner sollte motiviert werden, diese hinderlichen Vorerfahrungen zu bewältigen, um im Hier und Jetzt aufzublühen.

  2. Selbstverwirklichung steht im Vordergrund: Die eigene Karriere, Hobbys oder persönliche Ziele haben Vorrang. Wenn dies dauerhaft und unabänderlich ist, wird sich die Position des Partners nicht verändern. Im Extrem führt das zu einer Sichtweise wie „Du bist mit Deiner Arbeit verheiratet!“.

  3. Unabhängigkeit: Ein starkes, im Einzelfall auch übertriebenes, Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Hier stellt sich die Frage, wieso der Betroffene überhaupt eine Beziehung eingegangen ist. Sie kann anderen Motiven als der Zweisamkeit und Intimität dienen. Hier stehen dann eher Versorgung, Vermeidung von Einsamkeit und 

  4. Vergangene Erfahrungen: Negative Erfahrungen aus früheren Beziehungen beeinflussen das Vertrauen in die aktuelle Partnerschaft.

  5. Spaltung: Der Partner hat seine Prioritäten in verschiedene Bereiche (Sektoren) aufgeteilt. Tiefsinnige Gespräche, Sexualität, Hobbys, Sport usw. finden mit verschiedenen Partnern statt. Dieses Verhaltensmuster teilt Emotionen und gemeinsam verbrachte Zeiten zwischen verschiedenen Personen auf. In polyamourösen Beziehungen wird die Emotion „Liebe“ zwischen verschiedenen Liebespartnern aufgeteilt. Ob dies in vielen Fällen und dauerhaft erfolgreich gelingt, ist bislang nicht bekannt. 

Nach den beschriebenen Hintergründen für die mangelnde Priorisierung in einer Partnerbeziehung und dem starken Potential für innere Kränkung und partnerschaftliche Konflikte wird abschließend nach Lösungen aus dem Dilemma geschaut. Wenn eines oder mehrere der beschriebenen Merkmale auf Deine Situation zutreffen könnten, schaue Dir die folgenden Hinweise und Tipps genauer an, damit Du Deine Beziehungssituation klären kannst.

Wie auf den Nr. 2-Status reagieren? – Hinweise und Tipps

1. Mache zunächst eine gründliche und nüchterne Analyse Deiner gegenwärtigen Partnerbeziehung! Sei offen und furchtlos, Deine Situation zu betrachten! Du kannst Dir dafür auch Hilfe und Unterstützung bei einem Psychotherapeuten oder Männercoach einholen. Was gibst Du, was bekommst Du? Mache eine ehrliche Bilanz! Wie groß ist der Grad Deiner Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit? Halte Deine Ergebnisse schriftlich fest! Formuliere auch Deine Veränderungswünsche an die Partnerbeziehung und Deinen Partner!

2. Artikuliere die Ergebnisse Deiner Analyse Deinem Partner gegenüber! Wenn es keine Offenheit für Deine Sichtweisen gibt, ist dies ein Zeichen dafür, dass sie stimmen könnten. Wenn es jedoch gelingt, mit der Partnerin darüber in einen offenen Dialog zu treten, ist dies ein erfreulicher erster Schritt.

3. Wenn sich am Zustand der Partnerbeziehung nichts ändert, mache Dich zu Deiner Nr. 1 in allen Belangen! Das wird Dir anfangs schwerfallen. Führe daher ein Selbstfürsorge- und Selbstverwöhnungstagebuch! Betrachte auch die Hürden und Hemmungen, die auftreten, Dich konsequent als Deine Nr. 1 zu behandeln. Mache Dir klar, dass Deine Partnerin dies mit sich selbst schon seit langer Zeit so handhabt und damit keine Probleme hat. So kannst Du gesunde Selbstfürsorge und ein tragfähiges Selbstwertgefühl (vgl. Mehr Selbstwertgefühl für Männer) aufbauen.

4. Reflektiere nach und nach, ob Deine Partnerbeziehung für Dich noch die Richtige ist! Sammele schriftlich Ereignisse, Gedanken, Ideen, so dass Du über eine profunde Datenbasis verfügst und nicht aus einer tagesaktuellen Stimmung, die auch schnell wieder vergeht, entscheidest. 

5. Der Prozess vom weniger prioritären Partner Deiner Partnerin zum Partner und Mann, der sich selbst auf Nr. 1 setzt, ist langwierig und voller Fragen. Lass Dich dabei coachen oder suche Dir psychotherapeutische Hilfe! Dass Du Dir das gönnst, ist schon ein Teil des für Dich selbst Nr. 1 – Seins. Wenn Du Deine Nr. 1 bist, findet es sich, ob es eine Partnerbeziehung gibt, die Dir guttut oder ob eine andere Lebensform besser für Dich ist.

 



Tags

Ausbeuterbeziehung, Big-Mama-Syndrom, Bindungsfähigkeit, Emotionalität, Kränkung, Liebesunfähigkeit, Männer, Partnerpräferenzen, Partnerprioritäten, Partnerschaft, Psychische Gesundheit, Übermutter


Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren >>>

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Your email address will not be published. Required fields are marked

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner